Beisetzung unter Bäumen

RuheForst in Waldalgesheim erweitert/ nun so groß wie 24 Fußballfelder

Binger Wochenblatt, 1. April 2023

Zum dritten Mal ist der RuheForst in Waldalgesheim bereits erweitert worden, jetzt werden 17 Hektar Wald als Bestattungswald genutzt. „Der RuheForst ist jetzt so groß wie 24 Fußballfelder, das kann man sich ein bisschen besser vorstellen“, erklärt der Waldalgesheimer Förster Bernhard Naujack. „Vor kurzem habe ich einen anderen Vergleich gehört: auf 17 Hektar könnte man 22.000 Autos parken. Da sind mir persönlich Bäume lieber!“

Mit seiner Einstellung trifft Naujack den Nerv der Zeit und sagt: „Der Wald gibt uns die Luft zum Atmen, im wahrsten Sinne des Wortes und im übertragenen Sinn“. Durchatmen, die Natur spüren und Ruhe finden, sind die wichtigsten Gründe, warum sich Menschen für eine Waldbestattung entscheiden.

Der Wald ist ein lebendiges Gefüge. Der Baum ist ein Lebewesen, er kann sehr lange leben aber leider auch krank werden. Wichtig ist, dass nach menschlichem Ermessen keine Gefahr von einem Baum ausgeht. Im RuheForst spricht man von jeher nicht von der Baumbestattung, sondern von der Beisetzung in einem RuheBiotop. Den Begriff hat man sich sogar schützen lassen.

„Von der Vorstellung her ist es so: In der Regel steht ein Baum in der Mitte, um ihn herum werden im Abstand von 2 Metern 12 Grabstätten eingemessen. So ergibt sich eine Fläche, ein Kreis mit einem Durchmesser von 4 Metern, den wir als RuheBiotop bezeichnen.“ erklärt Försters Naujack. „Der Baum im Mittelpunkt des Kreises ist in eine Karte eingezeichnet und hat eine Nummer. Sollt dieser Baum aus Sicherheitsgründen gekürzt oder entnommen werden müssen, ist das RuheBiotop immer noch da. Die Grabstätte bleibt erhalten.“

Mit dem Baum verschwinden auch nicht die Pflanzen und Tiere, die dort leben. Diese besiedeln nun den Baumstumpf (in der Regel ein Hochstumpf) vrm-lokal@vrm.de als neuen Lebensraum und es kommen sogar noch neue Bewohner dazu, die jetzt viel bessere Bedingungen vorfinden. Mit der Zeit wird an der Stelle wieder ein neuer Baum wachsen. Wieder liegen Leben und Tod nahe beieinander.

Vielleicht ist es diese Symbolik, die der Waldbestattung die große Akzeptanz beschert.

Laut Naujack macht es aber in jedem Fall Sinn, sich auf einen Besuch des RuheForstes ein bisschen vorzubereiten. Eine bestimmte Grabstätte in dem 17 Hektar großen Wald zu finden ist sonst fast unmöglich. Deshalb gibt es eine kostenlose App. Über einen QR-Code am RuheForst-Eingang oder über die Homepage www.ruheforst-waldalgesheim.de kann man diese benutzen. Im App-Store oder bei Google-Play findet man sie nicht. In die Suchfunktion der App kann man den Namen oder die Baumnummer des Verstorbenen eingeben und sich einen Lageplan anzeigen lassen. Wenn man möchte, kann man die App zudem im Wald wie ein Navi nutzen. Ob eine größere Pflegemaßname an einem Baum durchgeführt werden musste, kann man zudem ebenfalls über die Homepage unter dem Stichwort „Mein RuheBiotop“ nachsehen.

Das Wochenende und die Feiertage sind ausschließlich dem Walbesuch gewidmet. Beisetzungen finden nur unter der Woche statt. „Uns ist es wichtig, dass die Menschen im RuheForst die Ruhe finden, die sie suchen“ erklärt der Förster hierzu.