Nachgefragt: Ruheforst Rheinhessen-Nahe in Waldalgesheim

7. November 2020 – 

Neue Binger Zeitung 7.11.2020

Der November wird auch als „Totenmonat“ oder „Trauermonat“ bezeichnet, denn Gedenktage erinnern uns in dieser Zeit an die Vergänglichkeit des Lebens. So besuchen viele Menschen im November die letzte Ruhestätte eines Verwandten oder geliebten Menschen. Für den Förster Bernhard Naujack gehört der Friedhof – wenn auch in einer etwas anderen Form – zum Arbeitsalltag. In seiner Funktion als Revierleiter für die Gemeindewälder von Weiler, Münster-Sarmsheim und Waldalgesheim ist er für den Ruheforst Rheinhessen-Nahe zuständig. Seit zehn Jahren bietet der Ruheforst in einem Eichen-Buchen-Mischwald letzte Ruhestätten und die Neue Binger Zeitung hat dazu bei Naujack nachgefragt.

Wie wird das Angebot des Ruheforstes angenommen?
Das war eine längere Entwicklung und ist sukzessive immer mehr geworden. Anfänglich wurde der Ruheforst durchaus skeptisch betrachtet. Es hat einige Jahre gebraucht, um eine breite Akzeptanz zu finden und über unsere Grenzen hinaus bekannt zu werden. Mittlerweile ist der Ruheforst aber auf allen Ebenen akzeptiert.

Wie viele Beisetzung gab es seit Bestehen des Ruheforstes?
Der Ruheforst vereint ein Bestattungs- und Waldschutzkonzept. Wir haben insgesamt 14 Hektar, aufgeteilt in zwei Teilbereiche, als Friedhof angemeldet und auf dieser Fläche ca. 16.000 Grabstätten ausgewiesen. Bisher gab es knapp 2600 Beisetzungen, aber viele Grabstätten sind im Rahmen der Vorsorge, die wir anbieten, bereits vergeben. Tatsächlich wird es in den ersten beiden Teilen langsam enger, und wir müssen den nächsten Teil im Laufe des kommenden Jahres in Betrieb nehmen.

Was ist mit der Vorsorge gemeint?
Im Ruheforst gibt es sogenannte Ruhebiotope, Flächen auf denen sich bis zu 12 Grabstätten befinden. Nutzungsrechte werden hier auf bis zu 99 Jahre vergeben. Gemeinsam mit dem Förster oder einem Mitarbeiter des Ruheforst-Teams kann man im Rahmen der Vorsorge zu Lebzeiten ein Ruhebiotop als letzte Ruhestätte auswählen. Am Ende des gemeinsamen Waldspaziergangs mit den Mitarbeitern wird dann ein Gesprächsprotokoll ausgefüllt auf dessen Basis die Vertragsunterlagen erstellt werden. Mit Reservierung eines Platzes werden dann die Nutzungsentgelte fällig.

Was ist für Sie bei Ihrer Arbeit die größte Herausforderung?
Ich bin Förster und habe mir anfangs Gedanken darüber gemacht, wie ich mit den Erwartungen der Menschen und der Trauer klarkomme. Ich kann für mich persönlich sagen, dass ich gut damit gut umgehen kann. Man bekommt viel zurück und merkt, dass man helfen kann. Wenn ich zum Beispiel im Rahmen der Vorsorge eine Grabstätte aussuche, dann ist da oft viel Humor dabei, um die Situation aufzulockern. Wenn ich mit Menschen, die einen Verlust erlebt haben, gemeinsam eine Grabstätte aussuche, dann merkt man, dass es ihnen nach einem Spaziergang im Wald besser geht. Der Wald trägt seinen Teil dazu bei und hilft, über die Trauer hinweg zu kommen. Unser ganzes Team ist in diese Aufgabe hineingewachsen und steht zu 100% hinter dem Konzept. Wir arbeiten zudem mit Ruheforst GmbH zusammen, die uns technisch bei Dingen, wie der Homepage, der Datensicherung oder der RuheForst-App unterstützt. Ebenso steht sie uns menschlich, zum Beispiel durch regelmäßige Treffen, zur Seite.

Gibt es manchmal auch problematische Situationen?
Wir haben ganz klare Regeln für den Ruheforst, der das Ablegen von Dingen im Bestattungswald nicht erlaubt. Wir wollen keine fremden Pflanzen oder Samen hier haben. Der Wald soll als Wald erhalten bleiben – in seinem gesunden und natürlichen Zustand. Das ist uns sehr wichtig. Deshalb räumen wir alle Dinge, die abgelegt wurden, umgehend weg. Wenn dies wiederholt in den gleichen Bereichen geschieht, dann sprechen wir auch gezielt die Besucher an und haben das mittlerweile gut im Griff.

Kurz und knapp
www.rheinhessen-nahe-ruheforst.de